Ein Formel-3-March mit Geschichte
Beim BELMOT Oldtimer-Grand-Prix gibt es in jedem Rennen etwas zu entdecken: Fahrzeuge mit spannender Historie und Menschen, die ihre Leidenschaft für den historischen Motorsport leben. Und das gilt längst nicht nur für die Serien, in denen es besonders laut oder besonders spektakulär zur Sache geht. Der Blick auf die Fahrzeuge, das Gespräch mit den Fahrern und Teams lohnt immer wieder. Ein Beispiel: der Graf-Berghe-von-Trips-Pokal. Denn in diesen Monoposti aus unterschiedlichen Nachwuchsklassen lernten viele Stars ihr Handwerk. In dieser Serie kreuzen sich Geschichten von späteren Formel-1-Weltmeistern, Tourenwagen-Stars – und von vergessenen Helden. Gepflegt und bewegt werden diese Autos von echten Enthusiasten, die die Historie auf diese Weise quicklebendig halten. Einer von ihnen ist Albert Hiller aus Aulendorf. Der pensionierte Ingenieur startet mit einem ehemaligen Werkswagen aus der britischen Formel 3 – ein Stück Motorsportgeschichte, das mehr zu erzählen hat, als so mancher moderne Rennbolide.
Der Graf-Berghe-von-Trips-Pokal ist die Bühne für eine ganze Epoche des Monoposto-Rennsports. Die Starterliste umfasst über 30 Fahrzeuge aus den Jahren 1966 bis 1992 – darunter Formel Ford, Formel Opel Lotus, Formel 2 und natürlich viele Formel-3-Wagen mit Motoren von Toyota, Ford, Alfa oder VW. Namen wie Dallara, Ralt, Reynard oder March dominieren das Feld. Die Fahrzeuge stammen aus den Jahren, als die Formel 3 noch als direkte Kaderschmiede für die Formel 1 galt. Im dicht besetzten Mittelfeld behauptet sich Albert Hiller mit Startnummer #269 – am Steuer eines March 793, Baujahr 1979, mit Toyota-Novamotor.
Ein Auto mit Ground-Effect und Grand-Prix-Genen
Der March 793, den Hiller fährt, wurde ursprünglich als Werkswagen in der britischen Formel-3-Meisterschaft eingesetzt – pilotiert von Brett Riley. Der Neuseeländer war in den späten 1970ern zwei Jahre lang Werksfahrer bei March – und lieferte sich in dieser Zeit packende Teamduelle mit seinem damaligen Stallgefährten Nigel Mansell. Riley war regelmäßig schneller, doch Mansell hatte das größere Glück – und wurde später Formel-1-Weltmeister. Heute ist eines von Mansells F1-Autos bei den Masters Racing Legends am Ring zu sehen – Hillers March erzählt sozusagen die Vorgeschichte dazu.
Technisch war der March 793 auf der Höhe der Zeit: Nach dem bahnbrechenden Lotus-Ground-Effect-Konzept von 1978 übernahmen auch andere Hersteller das Prinzip der umgedrehten Flügelprofile in den Seitenkästen. Der March war ursprünglich für einen Triumph-Motor ausgelegt – doch die Triebwerke galten als anfällig. Viele Teams, auch Hillers Fahrzeug nach seiner aktiven Zeit, setzten daher auf die robusteren Toyota-Novamotoren, wie sie auch im heutigen Einsatz montiert sind. Letztlich war das auch der Schlüssel zum gewinn der damaligen Formel-3-Meisterschaft, die der erfolgreiche Riley auch wegen des anfälligen Triebwerks nicht für sich entscheiden konnte.
Spätberufen, aber voller Leidenschaft
Albert Hiller ist der Prototyp eines Gentleman Drivers: Mit 67 Jahren bringt er mehr technisches Verständnis als Rennerfahrung mit, doch dafür umso mehr Hingabe. Der studierte Ingenieur mit der Fachrichtung Verbrennungsmotoren arbeitete in der Industrie, brachte Fabriken zum laufen – und erfüllte sich seinen Jugendtraum vom Rennsport erst spät. Als junger Mann war er bei Bergrennen aktiv, doch Familie und Beruf rückten bald in den Vordergrund. Erst mit 55 Jahren stieg Hiller wieder ins Cockpit – „als alles soweit sortiert war im Leben“, wie er heute sagt. Zunächst war es ein Chevron, dann eine Ralt. In diesem Frühjahr wechselte er auf den March. Seine Leidenschaft: nicht nur das Fahren, sondern das Schrauben, Tüfteln, Analysieren. „Ich bin ein bisschen schneller als mit dem Ralt, aber da geht noch was“, sagt er mit verschmitztem Lächeln.
Das Racing ist ein echtes Familienprojekt: Auch Ehefrau Ute Felken ist im Von-Trips-Pokal am Start. Sie bewegt einen Van Diemen RF85 mit Ford-Motor. „Ich habe sie überredet“, sagt Hiller schmunzelnd. Gemeinsam mit Gleichgesinnten leben sie ihre Begeisterung für Technik, Historie und das Rennen – nicht als Show, sondern als echtes Stück Motorsportkultur.