- Eine kleine Historie des Oldtimer-Grand-Prix
- Die „Nürburgring-Show“ begründete 1973 die Historie des OGP
- Aus bescheidenen Anfängen entwickelte sich der „Klassiker für Klassiker“
- Neue Rennklassen und Programmpunkte bereicherten das Event
Mit der „Nürburgring-Show“ begann vor 50 Jahren die erfolgreiche Historie des Oldtimer-Grand-Prix. Wenn das kein Anlass ist, zurückzublicken! Eine kleine Zeitreise durch die Geschichte dieses einmaligen Events zeigt, dass bei aller Schnelllebigkeit und Rasanz der Entwicklung eines immer Bestand hatte: die Liebe und Hingabe zu klassischen Rennfahrzeugen und die Erinnerung an die besonderen Motorsport-Zeiten, die mit ihnen verbunden sind.
Auf Initiative des damaligen Automuseums in Salem am Bodensee lud Hubertus Graf Dönhoff für den August des Jahres 1973 die Besitzer von klassischen Sportwagen zur „Nürburgring-Show“ an die Traditionsstrecke in der Eifel, denn „Sportwagen gehören auf die Rennstrecke und nicht ins Museum.“ 63 Besitzer historischer Rennwagen und die Fahrer von 40 Motorrädern aus verschiedenen Ländern bewegten die die klassischen Renn- und Sportfahrzeuge zur „Nürburgring- Show“ wieder einmal gegen die Stoppuhr – eine artgerechte Ausfahrt auf dem Terrain, für das die Gefährte aus den Jahren 1904 bis 1959 einst gebaut wurden – manch späterer Klassiker war da erst 15 Jahre alt. In den 70er Jahren war alles noch wie in den fünfziger Jahren: man startete vor der hölzernen Haupttribüne und nutzte noch die Betonschleife des Nürburgrings mit der Südkehre – ein Festival für die Zuschauer.
Von Beginn an international
Die Starterfelder waren genau so bunt gemischt, wie die Nationalitäten der Fahrer. Etliche kamen aus England, wo sich die historische Renngemeinde dank der Initiative von Graf Dönhoff kennengelernt hatte. Der Journalist und Herausgeber Halwart Schrader berichtete im ersten deutschen Klassik-Magazin, seiner „Automobil-Chronik“, so packend über die britischen und auch französischen Treffen, dass sich über seinen Kleinanzeigenteil erste Rennwagen in deutsche Garagen fanden und man sich auch in Deutschland ein Oldtimer-Rennen wünschte. Und weil die Schweiz trotz Tempolimit und Rennverbot ein Sportwagenland ist, sprach man den vor allem im Bergsport bekannten schweizer Rennfahrer Hans- Peter Nyffeler an, der prompt viele Eidgenossen mitbrachte und sich erfolgreich als Rennleiter empfahl.
OGP-Mitorganisator CHRSN wurde eigens für die Veranstaltung gegründet
Der Experte und Sammler Hubertus Graf Dönhoff aus dem bayrischen Dietramszell kannte zahlreiche internationale Sammler und der eigens für die Veranstaltung gegründete Club Historischer Renn- und Sportfahrzeuge (CHRSN) sorgte für die weiteren Starter. Die klassische Motorradszene wurde ebenfalls durch die „Automobilchronik“ aufmerksam, und der ursprünglich für die Zweiräder gegründete Veteranen-Fahrzeug-Verband VfV entwickelte mit seinem Vorsitzenden Karl Reese und dem BMW-Spezialisten Horst Armbruster ihren bis heute gefahrenen Gleichmäßigkeitsmodus. Das Medieninteresse war so groß, dass im Premierenjahr 20.000 Zuschauer zum Nürburgring strömten und auch die Parkplätze vor der Haupttribüne zu einem Sportwagentreffen machten.
Starke Veranstaltergemeinschaft
Erst drei Jahre später wurde aus der „Nürburgring-Show“ der AvD-Oldtimer-Grand- Prix, weil die Veranstalter für ihre stetig wachsende August-Veranstaltung einen sportlichen Ausrichter brauchten und mit den Clubs AvD, CHRSN und HMSC eine Gemeinschaft bildeten. Damals konnte niemand damit rechnen, dass sich dieses Treffen zur größten historischen Rennveranstaltung auf dem Kontinent und zum traditionsreichsten Oldtimer-Grand Prix der Welt entwickeln würde. Vom 11. bis zum 13. August 2023 ist es so weit – der Oldtimer-Grand-Prix wird 50! Und gefahren wird wie immer auf der legendären Eifelrundstrecke und dem seit 1984 modifizierten Grand-Prix-Kurs.
Hersteller, Clubs und Sammler bringen sich ein
Die Zahl der Starter wuchs stetig. Zur elften Auflage 1984, im ersten Jahr auf der neuen Grand-Prix-Strecke des Nürburgrings, waren es bereits 357 Autos und 130 Motorräder. Das war übrigens genau das Jahr, in dem knapp 2 Monate zuvor ein gewisser Ayrton Senna bei strömendem Regen in einem Mercedes 190 E 2,3 16 V das als „race of champions“ mit identischen Fahrzeugen ausgetragene Eröffnungsrennen der GP-Strecke gegen Niki Lauda gewann. Immer wieder engagierten sich Werke wie Alfa Romeo, BMW, Ferrari, Maserati, Mercedes-Benz, Opel oder Porsche, um hochkarätige Fahrzeuge aus der Automobilsportgeschichte zu präsentieren. Dazu versammelten sich um die Rennstrecke Jahr für Jahr viele Oldtimerclubs und sorgten mit ihrer Beteiligung für die größte Ansammlung historischer Sportfahrzeuge. Renndienste, Reifenhersteller und Teams machten die beiden Fahrerlager des Nürburgrings zu einer Zeltstadt mit dem Flair vergangener Jahre.
Champions drehen die Zeit zurück
Die vielen Oldtimerfahrer und Sammler sind nach wie vor die Stützen des Oldtimer- Grand-Prix und bestücken die Rennstrecke mit Fahrzeugen aus neun Jahrzehnten Automobilrennsport. Die größte Begeisterung der Zuschauer wecken immer wieder namhafte Fahrer, die noch einmal einen klassischen Rennwagen steuern, am besten aus ihrer aktiven Zeit.
Rennsport-Ikonen aus Fleisch und Blut am Steuer
Unvergessen bleibt etwa der Auftritt von Ex-Formel-1-Weltmeister und CanAm- Champion Denis Hulme im McLaren M8F-Chevrolet und dem GT-Zwerg Honda S800, der Holländer Ed Swart im Canon-Chevron, der Brite David Piper mit gleich mehreren, meist grünen, Sport-Prototypen aus seiner Karriere und privaten Sammlung – er gehörte zu den glücklichen Menschen, die sich beim Werk ihren eigenen Porsche 917, natürlich auch im britischen Grün, bestellten und erfolgreich im internationalen Langstreckensport einsetzten. Wo David Piper, da auch Dick Attwood und manchmal auch Hans Herrmann und oftmals gesellten sich auch Huschke von Hanstein, Eberhard Mahle und Herbert Linge hinzu. Oder die Tourenwagen-Duellanten Dieter Quester und Rauno Aaltonen im BMW 1800tiSA gegen Sandro Munari und Carlo Facetti im Alfa Romeo GTA, Klaus Ludwig im Porsche 911 Carrera RSR sowie DTM- und Formel-3-Teamchef Peter Mücke mit seinem faszinierenden Zakspeed-Ford Capri RS 3100. Zu den Cracks im historischen Sport gehörten auch „Pink Floyd“-Drummer Nick Mason oder der schweizer Schauspieler Jost Wildbolz. Nicht zu vergessen auch der Sammler und Experte Peter Kaus mit seiner unvergessenen „Rosso-Bianco“-Sammlung in Aschaffenburg, der immer wieder berühmten Fahrern ihre einstigen Boliden für das Rennwochenende lieh und es sich nicht nehmen ließ, in Maserati 300 oder gar 450 S oder auch CanAm-Sportwagen rekordverdächtige Runden zu drehen.
Nordschleifen-Highlight und Sport-Prototypen
Ex-Rallye-Weltmeister Walter Röhrl findet bis heute den Weg zum historischen Großereignis. Beim Historic Marathon auf der Nordschleife startete das Idol regelmäßig in einem historischen Porsche 356 oder 911. Im Jahr 1993 fand das Langstreckenrennen zum ersten Mal für Sportwagen, GT und Tourenwagen auf dem Grand Prix-Kurs statt.
Seit fast 10 Jahren ist nun die legendäre Nordschleife der Austragungsort. Der Historic Marathon schraubte die Starterzahl nach und nach auf 600 Fahrzeuge. Weit wichtiger: mit diesem Langstreckenrennen setzte der AvD-Oldtimer-Grand-Prix einmal mehr einen Trend im boomenden historischen Rennzirkus. Die Idee fand sogar international bald Nachahmer.
Auch die Sport-Prototypen der Gruppe C und aus der amerikanischen IMSA-Serie erlebten ihre zweite Jugend als Renn-Klassiker erstmals beim AvD-Oldtimer-Grand- Prix. In diesem Jahr wird es zudem wieder ein Rennen für die faszinierenden spektakulären Zweisitzer vom Schlag eines Porsche 962, Sauber-Mercedes C9 oder Jaguar XJR-9 geben. Das Revival Deutsche Rennsportmeisterschaft mit hochkarätigen Fahrzeugen aus dem legendären Championat der 1970er Jahre ist ebenfalls eine Spezialität der traditionsreichen Rennveranstaltung in der Eifel.
Die Neuwagen der OGP-Gründerjahre sind heute selbst als Oldtimer dabei
Ein 50-jähriges Jubiläum ist eine größere Zeitreise, als gedacht – viele Oldtimer von heute waren damals als Opel Senator, Mercedes W 126, Audi 200, Jaguar XJ 40 oder VW-Bus T3 Neuwagen, die oft als Zugfahrzeuge eingesetzt wurden. Ein damals noch nicht so benannter „Youngtimer“ mit 25 Jahren ist heute 75 Jahre alt und selbst ein Museumsstück. Und auch, wer als etwa 25-jähriger im Jahre 1973 mit dabei war, zählt heute stolze 75 Jahre – und viele der damaligen Teilnehmer waren schon älter als 30!
Die Zeitzeugen mit ihren inzwischen uralten Fahrzeugen können viel erzählen. Wie etwa Uli Sauer aus Iserlohn, der mit seinem BMW 328 des Jahrgangs 1937 bis heute keinen einzigen Oldtimer-Grand-Prix ausgelassen hat. Unter Berücksichtigung des Trainings und der meist drei Wertungsläufe über mindestens 10 Runden hat der 80 PS starke Roadster seit Anbeginn ohne einen einzigen Ausfall mehr als 10.000 Rennkilometer zurückgelegt – hinzu kam für viele Jahre die Anfahrt auf eigener Achse. Doch der vitale Oldtimer-Spezialist hat jedes der 49. Rennwochenenden in der Eifel genossen, meist begleitet von seiner Familie und im Kreise langjähriger Freunde. Inzwischen hat der Sohn von Uli Sauer die Begeisterung für sportliche Klassiker längst übernommen, er fährt allerdings neben einem BMW 328 meist mit einem Messerschmitt Tiger der 50er Jahre.
Vom 11. bis 13. August 2023 ist der Nürburgring das Zentrum des Oldtimersports, wo Zeitzeugen, Rennfahrer und Prominente den 50. Oldtimer-Grand-Prix am Nürburgring feiern. Sie tun dies auch in dem Bewusstsein, dass es diesen Anlass so nie wieder geben wird.
Autor: Johannes Hübner